Ein in vielen Menschen eingebranntes Bild: Bier und Feuerwehr gehört zusammen. Leider trifft das heute auch noch zu – zum Glück aber in einem sehr sehr kleinem Maße. Ich kenne zwar keinen realen Fall, aber höre und lese immer wieder davon. Einen Fall möchte ich heute aufgreifen, der ordentlich nach hinten los ging.
Feuerwehr = Feierwehr
Ich bin selbst schon seit vielen Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv und habe recht schnell mitbekommen, dass die Feuerwehr immer wieder mit Bier und Feiern in Verbindung gebracht wird. Dass diese „Vereinigung“ doch eigentlich nur auf Schützen- oder Feuerwehrfeste geht und aufgrund der Mitgliedschaft das ein oder andere Mal eine Scheune löschen oder ein Auto aufschneiden darf. Zusammenfassend kann man sagen, dass der Dienst als Feuerwehrdienstleistender in Bezug auf Bier bzw. Feiern recht negativ dargestellt wird. Dennoch frage ich mich, warum dann der Dienst als Feuerwehrmann/Feuerwehrfrau das größte Ansehen unter der Bevölkerung genießt? Man erwartet, das geholfen wird, wenn einem selbst ein Unfall passiert. Doch wer soll das machen, wenn es keine Feuerwehr gäbe? Das THW? Nicht lange würde es dauern, bis sich auch dort ein ähnliches Bild abzeichnet (obwohl, das hat es auch schon mit „Trinken, Helfen, Weitersaufen“ [Danke für den Hinweis @dot_dee]) – die Realität ist anders; das merkt man aber erst, wenn wirklich eine Mitgliedschaft besteht. Reden kann jeder, behaupten kann jeder. Aber man braucht sie ja, die Feuerwehr …
Dieses Bild trifft jedoch recht selten auch wirklich auf diverse Feuerwehren zu. Man möge nicht vergessen, dass der Feuerwehrdienstleistende nur bis 60, maximal 63, im aktiven Dienst stehen darf. Ab dieser Grenze wird der Aktive zum Passiven. Ich bin stolz sagen zu können, dass dieses Bild auf „meine“ Feuerwehr absolut nicht zutrifft. Das Pflichtgefühl ist da, die Bereitschaft, Zeit zu investieren und sich auf technischem Niveau fortzubilden, auch. Klar wird auch mal gefeiert und Bier getrunken, allerdings nur dann, wenn es auch wirklich angemessen ist; unter Einsätzen sowieso ein absolutes Tabu. In meinem Fall habe ich auch großen Respekt vor einigen Mitgliedern in Bezug auf den Alkohol und die Einsatzbereitschaft. Es gibt nämlich ein paar Leute, die immer darauf achten, auch in solchen „Feier-Zeiten“ einsatzbereit zu sein. Zudem sind das auch die Leute, die den LKW-Schein haben, also auch die „schweren Brummer“ wie Löschfahrzeug, Rüst- oder Logistikwagen fahren dürfen.
Bier vs. Pflichtgefühl
Leider gibt es aber immer wieder Eskalationen mit traurigen Konsequenzen. So gibt es z. B. eine Feuerwehr im nordhessischen Niestetal, in der letzte Woche ein Massenaustritt von 30 Mitgliedern stattgefunden hat. Der Grund: Die einen behaupten, das Kameradschaftsgefühl der jüngeren Mitglieder sei verloren gegangen, die anderen behaupten, die älteren Mitglieder „wollen nur Saufen und nicht Arbeiten„. Angesetzte Übungen werden verweigert, weil „man ja schon alles wisse“, so die älteren Kameraden. Die jüngere Generation will aber eine Feuerwehr, deren Mitglieder gut ausgebildet und auf dem neuesten Stand der Technik sind. Nachvollziehbar. Doch die älteren wollen das nicht und kritisieren die Führung, wie man denn so eine „Feuerwehr“ führen könne. So kam es, dass als „Notlösung“ ein Antrag auf Ausschluss eines Kameraden gestellt wurde, der als recht hartnäckig und störend in Bezug auf die Führung und sein Verhalten aufgefallen ist. Doch das geht nicht – laut Gesetzt. Da man sich im Einsatz auf jeden Verlassen und teilweise mit diesem auch buchstäblich „ins Feuer“ gehen muss, haben die 30 Aktiven einen Entschluss getroffen: Der freiwillige Dienst wurde quittiert. Auch nachvollziehbar. Wer will schon in einer Feuerwehr sein, in der ein Teil der Mannschaft Übungen verweigert, den Führungsstil kritisiert (zu viele Übungen, „wissen wir schon alles …“) und man im Ernstfall nicht weiß, ob der Kamerad wirklich weiß, was er da macht. Eine traurige Geschichte. Immerhin sucht die freiwillige Feuerwehr Niestetal bereits wieder nach neuen Mitgliedern; elf sind schon dazu gekommen.
Ich empfehle jedem Interessierten, sich den Beitrag auf hr-online.de durchzulesen. Auch der Audiobeitrag ist im Rahmen des Artikels empfehlenswert. Ich hoffe, das falsche Trugbild Feuerwehr etwas klarer gemacht zu haben. Schließlich wird sie (gesetzlich) gefordert, wenn sich keiner findet, werden Einwohner verpflichtet; und wenn das passiert, kann man sich denken, wohin das führt. „Firefighting is a hard job, but someone has to do it!“
Bild: Mit freundlicher Genehmigung der Freiwillige Feuerwehr Monheim
1. April 2013 um 16:38 Uhr
Interessant, mal etwas über dieses „allgemeine“ Bild der Feierwehr zu lesen; Bei mir war dieses Bild der Feuerwehr eigentlich noch nicht so wirklich vertreten.
Fand das zwar schon amüsant, wenn bei mir in der Gemeinde die Jugendfeuerwehr in voller Montur auf Katzenrettung ging, doch hing das mehr mit der Situation zusammen.
Erst seit ein paar Monaten rückt aber interessanterweise dieses Bild mit viel Alkohol immer mehr in mein Leben, erst über eine Kollegin in meiner Mutter, die bei den Freiwilligen ist und vom wöchentlichen „Sauf“-Treffen berichtet, dann über einen Mit-Auszubildenden, der in zwei Schützenvereinen und zwei Feuerwehren ist und aus dreien davon stolz und lachend berichtet, dass sie mit 20 Mann 5 Kisten Bier geleert hätten.
(Wobei eine Feuerwehr bei ihm wohl nicht ganz so ist, da berichtet er auch häufiger ernstes… zu ernstes, wie über eine Funkübung und deren Nachspiel, weil sie aus Fantasie-Mangel eine A380-Notlandung auf einer Bundesstraße erstellt haben – und der A380 hätte Atommüll an Bord…)
Über diesen Generationenkonflikt stoße ich aber auch in anderen Bereichen (u.A. bei den Jägern), was also vielleicht ein allgemeines Problem ist, welches momentan halt verstärkt auftritt.
Was den Alkoholkonsum angeht, finde ich eh, dass es kein Problem von Feuerwehr (und Schützenvereinen) alleine ist. Diese sind nur verhältnismäßig offen, Feuerwehr als „Rettung für jedermann“ und Schützenvereine in Zusammenhang mit den großen klein-jahrmarkt-ähnlichen Schützenfesten mit Trachten, Orchester und co. Sowas fällt halt auf und somit auch die entsprechenden Laster.
Den großen Alkoholkonsum sehe ich auch anderswo, wöchentlich trinkt eine Basketballtruppe bei uns nach dem Training eine Kiste leer, mein eigener Badmintonverein macht das auch gern mal einmal im Monat. Bekannte im Roten Kreuz heben häufiger einen beim Treffen. An sich geht das (vielleicht!) ja noch, aber was ist der Anlass?
Auch sonst muss überall Alkohol hin und das nicht zu knapp. Osterfeuer gestern, wie viele waren schon vor dem Anzünden betrunken?
Ich sehe es allgemein als problematisch an, wie mit Alkohol in unserer derzeitigen Gesellschaft umgegangen wird. Und wehe man trinkt nicht mit, dann wird man ausgegrenzt…
Themenabschweifung…
Und zu viel Text, sry…
Auch wenn ich nun auch durch deinen Beitrag hier ein deutlicheres Bild von der „Feierwehr“ habe, denke ich eigentlich immer noch nicht, dass es nur noch um Saufen geht – vielleicht liegt das aber auch an der Freiwilligen vor Ort, zu groß für eine „Dorffeuerwehr“ ohne Beschäftigung, zu klein für eine Großstadt.
Wenn ich auch bei ein paar Jugendfeuerwehr’lern denke, dass die mehr Wettkämpfe als Menschenrettung im Sinn haben. Know-How haben sie wohl trotzdem. 😉
So, genug die Tastatur malträtiert.
Grüße und frohe Ostern noch,
TCM1003
2. April 2013 um 17:51 Uhr
Hallo TCM1003,
wow! Vielen Dank für Deinen sehr ausführlichen Beitrag! „Zu viel Text“ kann es nie geben 😉
Du hast Recht, dass sich das im Artikel gegebene Beispiel auch leicht auf andere Szenarien übertragen lässt. Eventuell ist das sogar wirklich ein Generationenproblem, so, wie Du es beschrieben hast.
Manchmal finde ich, dass das teilweise bereits aggressive „Verlangen“ oder „Muss“ von Alkohol und dessen Konsum ziemlich traurig für unsere heutige Gesellschaft ist. Sollte man vielleicht einmal überdenken.
Nochmals Danke für Deinen wirklich ausführlichen Kommentar; hat mich sehr gefreut!
Grüße,
Max
2. April 2013 um 21:01 Uhr
Bitte.
Und Danke für das komplette Lesen. 😀
Meine Freundin hätte nach einem Absatz die Augen gerollt und aufgehört.
Dem „drüber Nachdenken“ stimme ich ohne Zögern zu. Wobei ich nicht wirklich Hoffnung sehe, entsprechende Alkohol-Fans zum Nachdenken zu bewegen. Hab ich schon mit so einigen Kandidaten versucht, Einsicht ist da nicht wirklich in Sicht – dafür scheint der Stoff zu toll.
Und den steigenden Absatzzahlen der entsprechend-produzierenden Wirtschaft sehen das nicht wenige so. Und kein Ende in Sicht.
—
Würde man es mir abkaufen, wenn ich sage, dass der lange Beitrag ein April-Scherz war?